Obstwiesen


Alte Obstwiese - wichtiger Lebensraum für viele Tiere und Insekten
Alte Obstwiese - wichtiger Lebensraum für viele Tiere und Insekten

Geschichte der Obstwiese

Die Nutzung, Zucht und der Anbau von Obst durch den Menschen hat eine lange Geschichte. Bereits zur Römerzeit wurde gezielt Obst angebaut und verschiedene Sorten durch Zucht entwickelt. Den Höhepunkt erreichte der Streuobst-wiesenbau im 19. und 20. Jahrhundert.
Um 1855 waren über 1000 verschiedene Apfelsorten und ebenso viele Birnensorten in ganz Deutschland bekannt, und es gab kaum einen Hof, der nicht in der Nähe der Gebäude über eine Streuobstwiese verfügte und so den Bedarf an frischem Obst deckte.
Traditionell wurden hier Hochstammobstbäume gepflanzt, die Flächen unter den Bäumen wurden meist durch Vieh beweidet oder als Wiese genutzt.
Noch bis vor rund 40 Jahren wurde der größte Teil des Obstbedarfes im Ruhrgebiet durch die Streuobstwiesen des näheren Umlandes gedeckt.
Aufgrund landwirtschaftlicher Intensivierung, neuer Marktstrukturen, veränderter Essgewohnheiten und geringerem Interesse an der Eigennutzung des Obstes hat der Bestand der alten Streuobstwiesen seit den 50er Jahren rapide abgenommen.
So ist nach Erhebungen des Landesamtes für Statistik des Landes NRW der Obstbaumbestand z.B. im Zeitraum von 1950 bis 1985 um 65 % zurückgegangen. Das bedeutet, dass in nur 35 Jahren rund 2,5 Millionen Bäume verschwunden sind.


Steinkauz
Foto E. Psotta

Biotop Streuobstwiese

Im Laufe der Jahrhunderte haben viele Tierarten den durch den Menschen geschaffenen Lebensraum Streuobstwiese besiedelt. Einige von Ihnen, wie z.B. der Steinkauz, haben daher heute einen Schwerpunkt ihrer Verbreitung am Niederrhein.
Gartenrotschwanz, Siebenschläfer, Fledermäuse u.a. nutzen das Angebot an Baumhöhlen in alten Obstbäumen. Die Vielfalt der auf Streuobstwiesen lebenden Insektenarten, vom Schmetterling bis zur Holzwespe, ist fast unüberschaubar.
Seit Beginn der 80er Jahre versucht vor allem der ehrenamtliche Naturschutz auf die Gefährdung des Lebensraumes Streuobstwiese hinzuweisen und erarbeitete Konzepte zum Schutz und Erhalt und zur Förderung der Hochstammobstwiesen.
Obstwiesen sind Kulturbiotope, d.h. durch den Menschen geschaffen. Eine Obstwiese bedarf daher der regelmäßigen Pflege durch den Menschen. Dazu ist z.B. ein fachgerechter Schnitt der Bäume notwendig.
Langfristig ist der Lebensraum Streuobstwiese nur zu erhalten, wenn das Interesse der Allgemeinheit an Obst und Obstprodukten, wie Apfelsaft aus der Region, wieder geweckt werden kann. Dazu haben sich vielerorts Initiativen gebildet, die das Obst und die Obstprodukte vermarkten.


Obstbaumblüte
Obstbaumblüte

Orangen, Bananen, Ananas und andere exotische Obstsorten waren bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts bei uns unbekannt bzw. die absolute Ausnahme auf dem Speiseplan.
Der Wunsch nach vielseitig verwendbarem und geschmacklich hochwertigem Obst führte daher vor allem im 19. Jahrhundert zu intensiven Zuchtbemühungen.
Die Geschmacksvielfalt und Verwendbar-keit der alten Obstsorten ist für uns, die heute vielleicht nur noch drei verschiedene Apfelsorten kennen, die meist dazu geschmacklich nur wenig unterschiedlich sind, überraschend.
Neben Tafeläpfeln zum Sofortverzehr wurden viele spezielle Sorten gezüchtet. So gab es Lageräpfel, die vom Erntezeitpunkt bis weit in das nächste Jahr hinein haltbar waren, Apfelsorten zur Saftgewinnung, zum Trocknen, zur Krautherstellung etc.
Schon die Beschreibung des Geschmacks aus alten Obsthandbüchern lässt erahnen, welche Vielfalt durch einfache Züchtung und Auslese erreicht wurde. Die Beschreibung reicht von edelaromatischen Äpfeln über zart säuerlich bis zu fein gewürzten Himbeer- oder Fenchelaromen.
Der Verlust an alten Hochstammobstwiesen führt aber auch zum Verlust vieler durch Zuchtbemühungen entstandener Obstsorten. Eine einmal verschwundene Obstsorte lässt sich nicht wieder neuzüchten und ist für immer verloren!